Spektakuläre
Ortsnamen aus
Sachsen-Anhalt

 

 

 







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Von Bockwitz bis Borstel
Da habe ich aber einen Bock geschossen, als ich annahm, der Ortsname Bockwitz würde sich wirklich auf das Tier beziehen. Als ich im Internet nach Bockwitz fahnde, treffe ich auf die Internetseite www.bockwitz.de, welche anlässlich der 825-Jahrfeier des Ortes im Jahre 2008 von Alexander Weber erstellt wurde. Für ein Dorf, welches heute gerade mal 35 Einwohner zählt, sehr beachtlich. Bockwitz liegt bei Zeitz und als ich bei Familie Weber nachfrage, gibt es auch gleich die richtige Erklärung. Ortschronist Volker Thurm machte sich 2008 die Arbeit, alles über Bockwitz zu recherchieren und gab eine Chronik heraus, in der wir die Erklärung finden: „Bockwitz ist ein kleines idyllisches Dorf, welches in der Mundart liebevoll Buggdz genannt wird. Der Name Bockwitz entstand im Laufe der Jahrhunderte aus dem ursprünglichen wendischen Namen Bukovica, was auf Deutsch übersetzt soviel wie Buchendorf oder Buchenort bedeutet.“ So gibt es also keine lustige Anekdote über einen Bock, sondern ein idyllisches Plätzchen am Buchenwäldchen.

Aber einen habe ich noch: Böckwitz bei Klötze. Vielleicht bezieht sich ja dieser Ort auf das gehörnte Tier. Ich rufe an im Landwirtschaftlichen und Grenzmuseum Böckwitz. Aber Vorsitzende Christel Mähl weiß sofort zu berichten, dass es sich gleichermaßen um einen Bezug auf die Buchen handelt; geformt aus dem Wendischen Bukovize. Berühmt ist Böckwitz durch das über Jahrhunderte zusammengewachsene Doppeldorf Zicherie-Böckwitz geworden, welches in DDR-Zeit der Grenzzaun teilte. Vor allem aus diesem Grund befindet sich neben dem Landwirtschaftlichen Museum mit über 10.000 Exponaten, vieler alter Technik, einem Bauerngarten und einem alten Backhaus aus dem Jahre 1911 ein Grenzlehrpfad mit originalen Grenzbeobachtungsturm und vielen alten Grenzanlagen. Ein Besuch des von einem Verein betriebenen Museums ist zu empfehlen: www.museum-boeckwitz.de.

Nun geht es aber nach Oebisfelde. Denn hier ist von einem Ort namens Bösdorf zu lesen. Was haben die Bewohner einst angestellt, solchen Ortsnamen zu erhalten? Bösdorf hat innerhalb der vielen Gebietsreformen einen beachtlichen Weg hinter sich gebracht. 1994 kam es zur Verwaltungsgemeinschaft Oebisfelde, 2005 zur Verwaltungsgemeinschaft Oebisfelde-Calvörde und 2009 zur Stadt Oebisfelde-Weferlingen. Noch ein paar Reformen und es gehört zur Stadt Haldensleben und bald zu Magdeburg. Nun aber zum Ortsnamen. Wieder frage ich beim Ortschronisten von Oebisfelde Friedrich-Karl Sonntag nach. 1477 wird Bösdorf erstmals als Büstorppe erwähnt. 1835 wird dann der heutige Name festgelegt. Benannt wurde es vermutlich nach einem ersten Siedler namens Boso. Also: Nichts haben sie angestellt, die einstigen Einwohner von Bösdorf.

Gleichermaßen bedrohlich klingt ein heutiger Ortsteil der Stadt Gerbstedt bei Hettstedt: Bösenburg! Besonders wenn man zudem liest, dass Bösenburg in der Schlucht des Fleischbaches liegt. Aber auch hier hat der Name wie in so vielen Fällen einen völlig anderen Ursprung.
Auf der Internetseite www.rottelsdorf.de erhalten wir Auskunft; war Bösenburg doch zuvor ein Ortsteil von Rottelsdorf. Erstmals wird Bösenburg als Bisiniburg, 1164 dann als Bisingburg, später als Besenburch und Besenburgk erwähnt. Vermutet wird, dass sich der Ortsname auf den ersten Thüringerkönig Bisinus bezog, welcher um 460 lebte, also weit vor Ersterwähnung des Ortes. So könnte Bösenburg einst eine große Bedeutung im alten Thüringerreich besessen haben und wird als älteste Burgstelle des nordthüringischen Landes bezeichnet. Von 1173 - 1184 befand sich hier gar der Hauptsitz des Landgerichtes. Von der alten Fluchtburg sind bis heute aber nur wenige Spuren erhalten. Auf der „Heiligen Breite“ in Bösenburg soll sogar der heilige Bonifatius (672 - 755) einst gepredigt haben, der auch berühmt dafür wurde, dass er auf seinen Missionierungsreisen die heidnischen Heiligtümer der Germanen, wie zum Beispiel die Donar-Eichen, vernichtete.

Kennen Sie sie noch: Mauz und Hoppel, Putzi, Onkel Uhu und Meister Schwarzrock. Ja genau, sie gehörten zum Märchenwald-Ensemble unter „Kreuzspinne und Kreuzschnabel“ Herr Fuchs und Frau Elster. Dazu gehörte aber auch ... „nuff, nuff, nuff.“ der kleine freche Igel Borstel. Und da wären wir auch schon bei unserem Ortsnamen: Borstel. Heute Ortsteil von Stendal. Der Ortsname selbst ist schnell erklärt. Er besteht aus den zwei niederdeutschen Silben bur und stal. Bur bezeichnete ein Haus oder eine Wohnstätte. Stal eine Stelle oder einen Ort. So wird aus Borstel Wohnort oder der Ort einer Ansiedlung. Im norddeutschen Raum taucht Borstel an die 150 mal auf. Borstel selbst ist bis heute durch seinen Flugplatz bekannt. 1934 errichtete das Reichsluftfahrtministerium hier einen Flugplatz unter dem Decknamen „Schanze“. Bald darauf werden in Borstel die ersten deutschen Fallschirmjäger ausgebildet, die später über dem belgischen Fort Eben Emael oder Kreta abspringen. 1938 folgt ein Transportgeschwader, dann die Nachtjäger. Schlimmster Höhepunkt ist der Start von 150 Jägern am 7. April 1945 innerhalb des Rammkommandos Elbe. Fast alle Piloten verlieren bei diesem „Kamikaze“-ähnlichen Einsatz ihr Leben. Nach der Besetzung durch die Alliierten wird der Flugplatz im Juli 1945 an die Rote Armee übergeben. Diese nutzen ihn schon kurze Zeit später für Jagd- und Bomberverbände. 1974 wechselt ein sowjetischer Hubschrauberverband nach Borstel. Mit dem Abzug der russischen Truppen 1992 endet die militärische Nutzung des Flugplatzes. Seitdem finden jährlich viele Veranstaltungen wie Flugtage durch den AeroClub Stendal statt. Auf der Internetseite finden Sie viele interessante Informationen: www.flugplatz-stendal-borstel.de

Der Ort Böckwitz nach der Wende.