Kolumne des Monats
Februar 2019

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Spieglein, Spieglein in der Hand

Wenn man in einen Spiegel schaut, sieht man bekanntlich ein Bild. Nur eben verkehrt rum. Was physikalisch schon lange bewiesen ist, konnte jetzt auch pressemäßig nachgewiesen werden. Wer montags in einen „Spiegel“ schaute, bekam ein verkehrtes Bild von der Welt, nachdem bekannt wurde, dass der Spiegel-Reporter Claas Relotius, über 55 gefälschte Artikel in diesem Nachrichtenmagazin veröffentlicht hat und dafür auch noch mit zahlreichen Preisen überschüttet wurde. Die hat er aber inzwischen zurückgegeben. Darunter auch den „Reemtsma-Freiheitspreis“. Den hätte er aber getrost behalten können, denn seine Artikel waren, wie er mittlerweile zugab, ja frei. Und zwar erfunden. Sie erfüllten aber somit den Anspruch, den ein Zigarettenkonzern hat: Den Leuten blauen Dunst vorzumachen.
Die Medien haben uns doch schon so weit gebracht, dass man kaum noch unterscheiden kann, was wahr oder falsch ist.
Da wollte natürlich dieses Blatt auch nicht abseits stehen und hat mich beauftragt, an dieser Stelle ein paar Nachrichten für das Jahr 2019 zu platzieren. Los geht’s mit der Meldung, dass Weihnachten im Jahr 2018 letztmalig in der uns bisher bekannten Form durchgeführt werden konnte. Zur Umsetzung der Beschlüsse des Umweltgipfels von Katowice, erhält ab 2019 der Weihnachtsmann mit seinem alten, rentiergetriebenen Schlitten für alle Innenstädte ein Einfahrtverbot, da die Rentiere zu viel Methan ausstoßen. Die Hersteller von Räuchermännern erhielten die Auflage, in alle Modelle ab sofort Rußpartikelfilter einzubauen. Adventskränze dürfen zwar weiterhin betrieben werden, allerdings, wegen der Klimaerwärmung, nur noch ohne Kerzen.
Die Bundesregierung selbst will mit gutem Beispiel vorangehen und rüstet ihre Fahrzeugflotte um. Die Staatskarossen vom Typ Mercedes, BMW und Audi sollen ersetzt werden durch Rikschas der Typen Hindu, Shiva und Vishnu. Dazu wurde eigens ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen, um genügend qualifizierte Fahrer für diese Modelle aus Indien zu bekommen. Verkehrsminister Andreas Scheuer sagte der Redaktion in einem Interview, diese Biomobile hätten gegenüber dem Elektroauto den Vorteil, dass nicht erst ein kostenintensives flächendeckendes Netz von Ladestationen aufgebaut werden müsse. Die unbegrenzte Mobilität der Rikschas könne man dadurch gewährleisten, indem an jeder Raststätte, neben der bereits vorhandenen Schale mit Wasser für die Hunde, einfach noch eine Schüssel mit Reis für die Fahrer aufgestellt werde. Und schon könnte nach ca. 10 Minuten Ladezeit zum Beispiel Peter Altmaier seine Rikscha wieder besteigen und mit einem aufmunternden: „Mach, Hindu!“ zu seinem nächsten Termin rasen.
Und sollte es unterwegs doch mal zu einer Materialermüdung eines Biomotors kommen, kann er, wie weiland die Postpferde, an der nächsten Asylstation gegen einen anderen ausgetauscht werden …
Aber ich höre jetzt lieber auf, sonst bringe ich die Politiker noch auf dumme Ideen.
Selber haben sie ja anscheinend keine besseren.