Kolumne des Monats
April 2017

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Wissen ist Macht …

… hieß es einst bei Lenin. Aber der hat uns ja heute nichts mehr zu sagen. Die heute das Sagen haben sind offensichtlich der Meinung: Nichtwissen macht auch nichts. Früher nannte man uns Deutsche einmal das Volk der Dichter und Denker. Die waren große Klasse. Und da müssen wir wieder hin, sagen jetzt die Denker im Bildungsministerium von Sachsen-Anhalt, hin zur großen Klasse. Die sollen wieder dichter werden. Die Klassenzimmer. Fünfzehn Schüler pro Klasse reichen da nicht aus. Da passen auch achtundzwanzig rein. Und schon sitzt man beim Denken wieder dichter. Denkt offensichtlich der Bildungsminister Tullner. Aus acht Klassen kann man auch sechs machen. Oder noch besser Mischklassen aus verschiedenen Jahrgängen. Das wird lustig. In Biologie, zum Beispiel! Thema: Fortpflanzung. Den Jüngeren wird dann geschildert wie es das Bienchen mit dem Pflänzchen macht und die Älteren hören zur gleichen Zeit, wie es das Sabinchen mit dem Hänschen macht. Dann muss sich auch keiner wundern, wenn auf dem Schulhof sich zwei sechsjährige in der Pause wie folgt unterhalten: „Du“, sagte der Eine, „ich habe gestern hinter dem Trafohäuschen ein Kondom gefunden.“ „Och“, sagt der Andere, „was iss´n das – ein Trafohäuschen?“ Das kann durchaus passieren, wenn alle zur gleichen Zeit in einem Raum von nur einem Lehrer unterrichtet werden.
Mit den Lehrern muss man nämlich sehr sparsam umgehen, sagt der Bildungsminister. Davon darf man nicht zu viel haben. Allzu viel zerreißt den Sack. In diesem Falle den Geldsack. Und deshalb orientiert man sich bei der Bildung offenbar nun an der Gastronomie. Genauer gesagt, an der Sterne-Gastronomie. Bloß eben umgekehrt proportional. Für den Fall, dass außer dem Mathematiklehrer keiner mehr weiß, was das bedeutet, hier die Erklärung. In der Sterne Gastronomie ist es ja bekanntlich so: Je mehr Sterne ein Restaurant hat, um so weniger hat der Gast dann im Magen. Und was für die Gastronomie die Sterne sind, sind für die Schule die Lehrer. Und da denkt der Bildungsminister: Je weniger ich davon habe, umso mehr haben die Schüler dann im Kopf. Grütze zum Beispiel. Weniger lehren mehr, heißt nämlich im Umkehrschluss nichts anderes als: mehr lernen weniger. Beispielsweise von unseren Dichtern. Wenn man heute einen Schüler fragt, wie er Eichendorff findet, dann sagt der: „Indem ick es ins Navi eingebe.“ Bei Schiller sieht es schon etwas anders aus. Da kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Schiller? Der spielt Innenverteidiger beim 1.FCM.“ Und da ist man erschossen, wie John F. Kennedy. Der hat einmal gesagt: „Es gibt nur eine Sache auf der Welt die teurer ist als Bildung: Keine Bildung.“