Kolumne des Monats
Juni 2014

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Merci, dass es dich gibt

Dass man sich mag, das kann man auf unterschiedliche Weise ausdrücken. Zum Beispiel kann man sich bei einer Geburtstagsfeier in St. Petersburg in aller Öffentlichkeit umarmen. So wie Schröder den Putin. Man kann sich aber auch heimlich im Kanzleramt treffen. So wie Änschi den Poroschenko. Den Schokoladen-Oligarchen aus der Ukraine. Obwohl zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Wahl in der Ukraine war, hatte der schon seinen Antrittsbesuch gemacht. „Mensch Petro“, so heißt der Poroschenko mit Vornamen, „Mensch Petro, du bist zu früh.“, stand der Änschi die Angst im Gesicht. Aber nun waren ja schon die Paparazzi da. „Ei, Gott, was machen wir denn da?“ hat Änschie kurz überlegt? Und dann hat sie das gemacht, was sie immer macht. Die Raute. Und das Bild ging unter dem Titel „Schokoladenmädchen 2014“ um die Welt. Poroschenko – die zarteste Versuchung, seit es Oligarchen gibt. Mit dieser Schokoladenwerbung mischte sich Änschi eklatant in die Angelegenheiten der Ukraine ein, wenn sie nur den einen empfängt, aber die anderen Kandidaten nicht. Warum auch? Der Schokoladenkönig ist ja der richtige Mann für die Wende. Ein Wendehals. Erst war er unter dem prorussischen Präsidenten Kutschma Minister, dann unter dem „orangenen“ Juschtschenko, dann unter der „stunz...blonden“ Timoschenko und danach auch noch im Kabinett des geschassten Janukowitsch. Und als der am Abkacken war, hat Poroschenko von seinen Milliarden schnell ein paar Scheinchen locker gemacht und zu Klitschko gesagt: „Los, box mich mal als neuen Präsidenten durch den ganzen Rummel.“ Das ist ungefähr so, als wäre Kaiser Wilhelm 1918 statt ins Exil, in den Arbeiter- und Soldatenrat gegangen, hätte danach unter Friedrich Ebert Wirtschaftsminister gemacht, bei Adolf dann Finanzminister und unter Ulbricht Kulturminister. Das geht doch gar nicht, werden Sie als Leser jetzt sagen. Eben, das sage ich doch, dass das nicht geht, dass so einer die Hoffnung für die Menschen in der Ukraine sein kann. Aber das soll er ja auch gar nicht. Er soll doch nur die Hoffnung für den Westen und die NATO sein. So sieht sie nämlich aus - die viel gepriesene Erneuerung der Ukraine - ein korrupter prorussischer Oligarch wird ersetzt durch einen korrupten prowestlichen Oligarchen. Und das praktischste Subjekt dafür ist halt ein Schokoladenhohlkörper. Wenn er am Ende doch nicht schmeckt, wird er eben wieder eingeschmolzen.