Von den Hanseaten in der Altmark
Jürgen Haase |
Die nächstgelegene Hansestadt,
die auf dem Weg zu den großen Seehäfen Schutz für
die Kaufleute bot, war die Heidestadt Uelzen, welche
heute berühmt durch ihren Hundertwasserbahnhof ist. Die Gründung
der Stadt Uelzen, welche 1270 Stadtrecht erhielt, war eng mit dem
973 gestifteten Kloster Oldenstadt verknüpft. Das 1347 errichtete
Rathaus wurde zwar umgebaut, aber ist bis heute erhalten. Weitere
Zeugen aus der Hansezeit sind die Heilige-Geist- Kapelle, die
Gertrudenkapelle und die heutige Ratsweinhandlung (um
1500 gebauter Tanzsaal). Haupthandelsprodukte in Uelzen waren Honig,
Wachs, Holz, Tuche und Pelze, wobei der Schnellenmarkt als Stapelplatz
diente.
Auf dem Landwege von Salzwedel gen Osten, überqueren wir die
Biese und kommen nach Osterburg. Einem, geduckt in
der Landschaft liegenden Örtchen an der einstigen Haupthandelsstraße
von Magdeburg bis nach Nowgorod. Ein Bronzetaufbecken in der Kirche
St. Nicolai, dem Schutzpatron der Kaufleute und Schiffer und zahlreiche
Fachwerkhäuser sind Überbleibsel aus hanseatischer Zeit.
Osterburg, dass sich von Kaiser Karl IV. viele Rechte und Freiheiten
bescheinigen ließ, gehörte neben der Hanse noch weiteren
Schutzbünden an. Trotz eigener Salzgewinnung und weitreichender
Fischereirechte spielte die Stadt nur eine kleine Rolle in der Hanse.
Ab Mitte des 13. Jahrhunderts machte sich der Ort einen Namen als
Weinlieferant ins russische Nowgorod und galt lange
Zeit als der nördlichste Weinbauort jenseits der Alpen.
Fährt man immer am Flüsschen Aland entlang, erreicht der
Kundige bald die Hansestadt Seehausen/Altmark. Die
mächtigen Türme von St.Petri grüßen von Weitem.
Beustertor, Salzkirche, Gewandschneidergildehaus und Teile der Befestigungsanlagen
sind in die hanseatische Zeit einzuordnen und heute liebevoll restauriert,
zu besichtigen.
Unweit Seehausens trifft man, in südöstliche Richtung fahrend
auf das Elbestädtchen Werben, die alte Reichsstadt,
die als Verhandlungsort Heinrichs II. mit den slawischen Fürsten
über den Grenzverlauf zwischen wendischen und slawischen Völkern
bekannt wurde. Bereits um 1160 als Civitas erwähnt, ließen
sich die Werbener Deiche von den Holländern bauen, um gegen die
Elbehochwässer gewappnet zu sein. Ein Altar aus der Hansezeit
in der Kirche St. Johannis, das wuchtige Elbetor und ein Rathaus zieren
die vorletzte Station unserer Reise durch die altmärkische Hanse.
Über die vorgenannten Orte lief auch der Handelsweg nach Havelberg,
dass an der Handelsstraße nach Schwerin und weiter nach Rostock
lag und somit auch beste Verbindungen zu den Hansestädten im
Ostseeraum pflegte. Die brandenburgische Siedlung, als Bischofssitz
seit 948 bekannt, im Slawenfeldzug zwischen 983 und1147 wieder in
der Hand der slawischen Fürsten und fester Bestandteil des Karolingerreiches,
konnte in ihrer aktiven Hansezeit eine geradezu stürmische Entwicklung
feiern. Holzhandel, Privilegien
der Fischerei und des Fischhandels mit Hamburg und Berlin, Salz- und
Getreidehandel machten den Handelsplatz an der Elbe und Kreuzung verschiedener
Handelswege begehrt für die Kaufleute. Aus dem florierenden Handel
konnte sich die Stadt viele prächtige Bauten errichten. Im weiteren
wurde die Hansestadt vor allem durch den Schiffbau hochseetüchtiger
Handelsschiffe aus der Nachhansezeit bekannt. Selbst Peter der Große
weilte 1716 in der Domstadt, wo er eine Staatsjagd und das legendäre
Bernsteinzimmer geschenkt bekam. Mitunter wird
behauptet, dass der bekannte Havelberger Pferde- oder Heiratsmarkt
in Hansezeiten begründet wurde.
Unsere kleine Reise durch die Altmark ist hiermit beendet. Die Antiqua
Marchia (Alte Mark), wie der aus einer von Kaiser Karl dem Großen
abgesteckten Nordmark hervorgegangene Landstrich schon zu ottonischen
Zeiten hieß, hatte bereits in den frühen Gründungszeiten
vieles zu bieten, was für das erstarkende Patriziertum und dem
Handel und Wandel von großem Interesse war. So waren Hopfen,
Getreide, Holz, |
Handel in einer Hansestadt
Hansehandel mit Russen in Riga (Nikolaikirche Stralsund/wikipedia)
Die Mode in der Hansezeit
Flügel der Hansestadt
Riga - nach der Gründung1201
wurde sie 1282 Mitglied
der Hanse
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Salz, Kupfer und Blei, Eisen und tierische
wie auch weitere landwirtschaftliche Produkte gefragte Handelswaren,
über die zahlreiche rasch wachsende Ansiedlungen an den Handelsstraßen
verfügten. Geografische Lage, gute Qualität der Handelswaren,
weit reichende Rechte wie Stapel-, Münz- und Zollrechte und eine
stetig wachsende Sicherheit auf den Handelsstraßen durch Schutztruppen
waren letztlich ausschlaggebend, dass sich die altmärkischen
Städte während
der Hansezeit rasant entwickelten und ihren Reichtum auch unverhohlen
zur Schau stellten, wie dies noch heute in den altmärkischen
Hansestädten zu sehen ist. Tuchmacher, Kürschner und Gewandschneider
bildeten bald in den Stadträten der größeren Ansiedlungen
eine stetig wachsende Mehrheit, die ihre Macht zunehmend selbstbewusster
nutzten und sowohl der Kirche als auch den landesherrschaftlichen
Machtansprüchen immer öfter die Stirn boten.
Zwischen den ersten Kaufmannsbünden wie der gotländischen
Gesellschaft um 1233 und der Hanse des Mittelalters lagen mehr
als 300 Jahre, in denen sich die Hanse allmählich von der reinen
Kaufmannshanse zur Städtehanse entwickelte und ein lebhafter
Handel auf Seewegen und Handels straßen zwischen den bedeutenden
Seehansestädten wie Lübeck, Hamburg, Bremen, Rostock oder
Wismar mit Bergen in Norwegen, Nowgorod in Russland, Gent und Brügge
in den Niederlanden, London und spanischen Städten getrieben
wurde. Die Faktoreien in den genannten Städten galten gleichzeitig
als Eckpfeiler der historischen Hanse, von denen auf See- oder Landwegen
zahlreiche Handelsgüter aus dem russischen Raum, dem Orient und
Übersee umgeschlagen wurden.
Erst die Hanse der Neuzeit, 1980 im niederländischen Zwolle wieder
begründet, beschert der altmärkischen Hansestadt Salzwedel
nun die Ausrichtung des ersten und einzigen Hansetags bis 2030 in
Mitteldeutschland. In einem Atemzug mit dem mächtigen Nowgorod
genannt zu werden, das den Hansetag 2009 ausrichtet oder mit Bergen,
Brügge und Tartu auf einer Stufe zu stehen, erfüllt die
„Altmärkischen Sieben“ und Havelberg natürlich
mit großem Stolz. Unter dem Thema „Zukunft trifft Vergangenheit“
werden die Altmärker Hanseaten ein Fest der Superlative ausrichten
und den 28. Hansetag der neuen Zeit zum Treffpunkt der Kulturen und
Traditionen aus ganz Europa
gestalten. Mehr als 3.000 Teilnehmer aus 122 Hansestädten zwischen
La Rochelle und Smolensk, Kingston, Bergen und Nowgorod haben sich
bereits angemeldet, Gäste aus deutschen Landen noch nicht einbegriffen.
Zu erwarten bleibt, dass neben
den acht altmärkischen Hansestädten auch die anderen deutschen
Hanseorte ihre Geschichte und Kultur den
Hanseaten Europas darbieten. Insofern in der Traditionslinie zwischen
dem Europa Kaiser Karl des Großen, Otto des Großen
und der Neuzeit stehend, erfüllt „Die Hanse“ als
größtes freiwilliges Städtebündnis der Welt heute
einen wichtigen Beitrag
zum Zusammenwachsen der Völker und die Sachsen-Anhalter sind
dabei mitten drin. |
Fahne des deutschen
Hansekontors in Nowgorod
Siegel von Wisby auf Gotland
(heute Schweden)
Hermann Wedigh, Kölner
Ratsherr und Kaufmann im
Stalhof der Hanse in London
1532 (Holbein d.J.)
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Fotos: Kulturstiftung der Hansestadt
Lübeck, Frank Mühlenberg (AWA Stendal), Wikipedia und Abbildungen
aus historischen Schriften. |
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