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Von den Hanseaten in der Altmark
Jürgen Haase
Lassen Sie uns gemeinsam eine Reise wagen in das weite, flache Land der Antiqua Marchia (Altmark), wie bereits Karl der Große den Landstrich an der Grenze zum Karolingerreich nannte. Fahren Sie mit uns als Kaufmann oder Fuhrmann über das Land, auf dem so mancher Hinterhalt an den alten Handelsstraßen lauerte und nur starke Schutz- und Trutzbündnisse dem Treiben der Räuber Einhalt gebieten konnte. Erleben Sie mit uns Burgen, Schlösser und Stadttore, Kaufmannshäuser – eines prächtiger als das andere – und Kirchen, die noch heute ihresgleichen suchen. Ich will hier berichten von den mitteldeutschen Tuchmachern, Leinenwebern, Bergleuten und Bauern, die ihre Waren zu den Stapelplätzen an der Elbe brachten oder weiter nach Bremen, Hamburg oder Lübeck, dem unstrittigen Sitz der Alten und auch der Neuen Hanse, fuhren. Wir wollen die „Magischen Sieben“ der Altmark besuchen, die damals mit dem brandenburgischen Havelberg bereits im 13. und 14. Jahrhundert eines der engsten Schutzbündnisse zwischen der aufstrebenden Bürgerschaft in den rasch wachsenden Städten gegen Raubrittertum und Fürsten schmiedeten. Begleiten und entdecken Sie mit uns die wuchtigen Stadttore der sieben altmärkischen Städte Stendal, Salzwedel, Seehausen/Altmark, Gardelegen, Osterburg, Tangermünde und Werben sowie das heute zu Sachsen-Anhalt gehörende Havelberg, welches in vorhanseatischen Zeiten aufgrund der Rückeroberung durch die Karolinger besonders zu leiden hatte.

Auf der alten Handelsstraße von Magdeburg – ebenfalls Mitglied der Hanse – nach Stendal erreichen wir das Elbestädtchen Tangermünde, die erste der altmärkischen Sieben. Bereits 1368 wird die Stadt an der Elbe als Hansestadt erwähnt. Kaiser Karl der IV. ernannte Tangermünde 1373 zu seiner Zweitresidenz. Er fuhr 1375 höchstselbst mit dem Schiff nach Lübeck und verhandelte mit der Hanse, um Tangermünde als Stapelplatz zu sichern. Da Städte mit Stapelrechten zu jener Zeit zu den reichen Ansiedlungen gehörten, kam es um diese Rechte immer wieder zu Streitigkeiten gar zu Kriegen. Tangermünde war besonders durch seinen Tuch- und Holzhandel, aber auch durch seine Getreisenden delieferungen bekannt. Die Bedeutung der Zollstätte sank in der Folgezeit. Rathaus, Kaiserburg, Stephanskirche oder die Stadttore sind heute Zeugen einer einst bedeutenden Handelsstadt.
Wenden wir uns nun auf der alten Handelsstraße Stendal – Braunschweig nach Nordwesten, so treffen wir auf die mächtigste der altmärkischen Hansestädte.

Die Perle der Altmark, Stendal hatte als reichste und schon damals schönste Hansestadt in der Altmark als eine der ersten hanseatischen Binnenstädte Verbindungen zu den Seestädten der Hanse geknüpft. Vor allem den Tuchmachern und Gewandschneidern war es zu verdanken, dass der Marktflecken, 1160 von Albrecht dem Bären mit Zoll- und Münzrecht versehene Ansiedlung innerhalb kurzer Zeit zur reichsten Stadt der Mark Brandeburg und der damals drittgrößten Stadt Deutschlands aufstieg. Bereits 1022 erstmals urkundlich als Steinedal erwähnt, entwickelte sich die Stadt an der Kreuzung zweier großer Handelsstraßen zum zentralen Umschlagplatz zwischen Seehandel und Binnenland. Heute erleben wir das kulturelle Zentrum der Altmark mit hanseatischen Schätzen wie einer Astronomischen Uhr, über 500 Jahre alten Glocken, und dem Dom St. Nicolaus als eine Stadt, die sich stolz zu ihren hanseatischen Traditionen bekennt und diese auch nach Kräften wahrt. Bereits 1188 wird ein erstes Kaufhaus erwähnt, der überseeische Handel wurde mit stadteigenen Schiffen abgewickelt, in der Marienkirche das größte Geläut der Altmark installiert und auch der drittgrößte freistehende Roland in Deutschland, zeugen von der Macht der reichen Patrizier zur Hansezeit. Bereits 1338 wurde die erste Bürgerschule in der Stadt ge-

Ein Danziger Hansekaufmann (Holbein d. Ä.) Foto: wikipedia

Das Holstentor von Lübeck (Kulturstiftung der Hansestadt Lübeck)

Die Hansekogge „Adler von Lübeck“
(Kulturstiftung der Hansestadt Lübeck)

Siegel der Stadt Salzwedel aus
dem 13. Jahrhundert

gründet. Stendal, „die Vieltürmige“ hat neben zahlreichen Kirchen aus der Hansezeit, wie St. Marien, auch mächtige Stadttore zu bieten. Das Uenglinger Tor, ein Bauwerk dem nur das Holstentor in Lübeck Gleichwertiges an Pracht und Baukunst entgegen zu setzen hat, viele Kaufmannshäuser und museale Stücke zeugen von der einträglichen Verbindung zwischen den Hansestädten der alten Welt und dem Willen der Bürger, diese Traditionen weiter zu pflegen.

Von Stendal ging es zu Hansezeiten mit einer bewaffneten Eskorte über den gut ausgebauten Handelsweg weiter nach Gardelegen. Die Hansestädte der Alten Mark hatten untereinander präzise Verträge über das Geleit ihrer Kaufleute
ausgehandelt. So hatten bald auch die Raubritter, die sogar aus dem Harz kamen, keine Chance mehr, leichte Beute zu machen. Stadtmauer und Pulverturm von Gardelegen grüßen schon von weitem und fährt der Betuchte in Richtung Salzwedel, kann er dass wohl wuchtigste aller Torbauwerke
der Altmark, das Salzwedler Tor bewundern. Vom Reichtum der Gardeleger künden auch Rathaus, Fachwerkbauten wie das Förster` sche Haus oder der Turm der Nicolaikirche. Seit 1358 ist die Bierbrauerstadt Gardelegen Hansemitglied. Bekannt schon weit vorher als Mitglied im altmärkischen Städtebund und an der alten Handelsstraße Braunschweig/Stendal gelegen, spielte die Stadt an der Milde zunächst eine wichtige Rolle als Hopfen- und später als Bierlieferant. Eine Rolle, die sie bis heute mit ihrem berühmten „Garley“ nicht verloren hat, nicht nur zur Freude der „Neuen Hanseaten“.

Weiter fahren wir nach Norden auf dem alten Handelsweg Hamburg/Uelzen/Lüneburg und sehen bald die Stadtmauern von Salzwedel. Nun schon mit Tangermünder Getreide, Stendaler Tuchen und köstlichem Garley beladen, können wir uns in der Stadt an der Jeetze - oder auch das Venedig der Altmark -, entscheiden, ob wir unsere Waren im Jeetzehafen auf ein Schiff nach Hamburg verladen oder den beschwerlichen Landweg weiter folgen. Für den Handel war auch die Flussschifffahrt auf der Jeetze wichtig. Der von den
Lüneburgischen Herzögen für die Schifffahrt freigehaltene Fluss mit dem Hafen Salzwedel und dem dortigen Hansehof hatte noch bis 1909 als Schifffahrtsweg nach Hamburg seine Berechtigung. So wird für die Civitas Soltewidele (Stadt Salzwedel) in einer Urkunde vom 28. Mai 1233 bescheinigt,
dass der Tuchhandel einen wichtigen Handelszweig darstellt und in einer weiteren Schrift 1263 die Stadt als Mitglied der
gotländischen Gesellschaft, einem Gründungsvorläufer der
Hanse, in Wisby registriert wurde. In Letzterer teilt der Rat der
Stadt Lübeck ihrem Ältermann auf Gotland mit, dass er die Bürger von

Die Schnitzwand aus dem Jahre 1462
im Stendaler Rathaus
(Foto: AWA/Frank Mühlenberg)

Lübecker Stadtsiegel

Urkunde vom 17. Juni 1263, in der Salzwedel in die gotländischen Gesellschaft aufgenommen wird.

Salzwedel in die Genossenschaft der gotländischen Stadt aufgenommen hat, womit der 17. Juni 1263 als Beitrittsdatum der Altmarkstadt zur Hanse gilt. Wesentlich für die frühe Anerkennung Salzwedels war das Wirken Alexanders von Salzwedel, der für die Stadt Lübeck als Feldherr und Ratsherr lange Jahre erfolgreich tätig war und als Fürsprecher der Aufnahme seiner Heimatstadt in das Schutz- und Kaufmannsbündnis galt. Bis 1488 entwickelte sich die Hansestadt auf Grund des florierenden Handels mit nordischen Staaten und ihrer engen Verbindungen nach Lübeck, Bremen und Hamburg rasant. In Salzwedel liefen die alten Handelswege zusammen. Zahlreiche Fleeten durchschneiden das Stadtgebiet, Altes Rathaus, St. Marien, St. Lorenz und St. Katharinenkirche schicken ihre Türme gen Himmel und das Steintor zeugt noch heute von der Wehrhaftigkeit des einstigen Salzumschlag- und Stapelplatzes Salzwedel.

 

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