Kolumne des Monats
August 2010

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Public viewing

Die Fußballweltmeisterschaft war wieder ein einziges Ablenkungsmanöver, damit man uns still und heimlich zur Ader lassen konnte. Die Stimmviehrudel wurden wieder auf öffentlichen Plätzen zusammengetrieben, um sie besser auf den Schlachthof führen zu können. „Public viewing“ nennt man das. Die wenigsten wissen, dass „Public viewing“ eigentlich „öffentliche Aufbahrung von Toten“ bedeutet. Alle glotzten auf riesige Leinwände, ob dem Schweinsteiger beim Bolzen ein Schuss gerät. Und im Endeffekt hatte es die gleiche Wirkung wie ein Bolzenschussgerät, mit dem jedes arme Schwein betäubt wird, bevor man es bluten lässt. Gut, könnte man jetzt einwenden, es waren ja nicht alle zur öffentlichen Aufbahrung. Stimmt! Der Rest war zu Hause an die Glotze gefesselt. Das war dann sozusagen Hausschlachtung.

Die Leiterin vom Schlachthof, also was in diesem Falle die Frau Merkel ist, war extra nach Südafrika geflogen, um sich vor Ort zu überzeugen, dass auch alles so löwt, wie geplant. Der Jogi hing nämlich in diesem Komplott mit drin. Er hatte zu organisieren, dass wir garantiert wieder gegen Argentinien gewinnen können. So wie 2006. Da hat Deutschland auch gegen Argentinien gewonnen und die Kanzlerin sprang auf der Tribüne hoch. Auch in diesem Jahr sprang sie wieder auf der Tribüne hoch. Immer, wenn sie bei einem Spiel gegen Argentinien war, kam sie in Hochstimmung zurück. 2006 ging danach die Mehrwertsteuer hoch und in diesem Jahr eben die Krankenversicherung. Während die Leute noch fröhlich sangen: „Guck doch nicht immer zu dem Maradona hin, was ist schon dran an Argentinien“, wurden sie in aller Ruhe zur Ader gelassen. Da kann einem schon himmelangst vor der Euro-pameisterschaft 2012 werden. Wer jetzt denkt, da ist doch Argentinien gar nicht dabei, sollte sich nicht zu früh freuen. Irgendwas wird sich die Regierung schon ausdenken. Vielleicht wird dann der Eintopfsonntag wieder eingeführt, oder das Winterhilfswerk. Der Bundespräsident hat ja schon so was angedeutet in seiner ersten Rede. Er will in seiner Amtszeit „Brücken bauen für Jung und Alt.“ Und warum wohl? Damit einige dann überhaupt noch ein Dach über dem Kopf haben. Aber unter einer Brücke hat man ja dann das ganze Jahr über „Public viewing.