Der Weg ins Leben
Das unterscheidet eben Wolfgang Böhmer von anderen Ministerpräsidenten: Zum Beispiel von Rüttgers und Tillich. Denen muss man erst Geld in die Hand drücken, damit die mal mit einem reden. Rent ä Ministerpräsident ist bei denen die Devise. Bildlich gesprochen stehen die vor dem Eingang ihrer Landtage, wie die Stoffäffchen vor den Einkaufstempeln, die immer rufen „Fütter mich! Fütter mich!“ Und erst wenn ein Landeskind kommt und Geld hineinsteckt, machen die ihre Kunststückchen. Die Äffchen. Bei Böhmer ist bisher noch keiner auf die Idee gekommen, den für eine Plauderstunde zu mieten. Obwohl der sogar Schnäppchen wäre, denn für Rentner gibt’s ja Rabatt. Aber Opa Böhmer redet auch ungefragt. Und das was er sagt, ist auch unbezahlbar. Zum Beispiel seine Idee mit dem Teilzeitparlament. Finde ich toll! Dass er damit ins Schwarze getroffen hat, sieht man schon daran, dass alle Abgeordneten über Parteigrenzen hinweg einstimmig reagiert haben. Mit dem Aufschrei „Rettet unsere Diäten!“, würden sie Böhmer am liebsten in Uchtspringe internieren.
„Weisheit, welche ein Weiser mitzuteilen versucht, klingt immer wie Narrheit.“, hat schon der Hesse gesagt. Also jetzt nicht Roland Koch, sondern Hermann Hesse. Und es ist schon sehr weise, wenn der Böhmer sagt, dass im Landtag viel zu viel über Dinge palavert wird, die sowieso anderswo entschieden werden. Über die Mehrwertsteuer in Hotels entscheidet „Mövenpick“, die Abwrackprämie wurde von VW und BMW diktiert, über die Gesundheitspolitik entscheiden Ratiopharm, Hexal und Bayer und über den Fahrplan der Deutschen Bahn das Wetter. Deshalb reiche es aus, so Böhmer, wenn sich die Abgeordneten nur den halben Tag im Landtag den Hintern breit sitzen, die andere Hälfte können sie in einem Beruf arbeiten. Bloß, wo sollen denn die ganzen Jobs plötzlich herkommen? Nach einem Jahr sind die doch alle Hartz-IV. Aber vielleicht ist gerade das die Überlegung Wolfgang Böhmers? „Nur wenn wir alle Entbehrungen unseres Volkes mittragen, wird uns das dazu anspornen, die Mißstände schnellstens zu beseitigen.“ Das stammt allerdings nicht von „Uns Wolfgang“, sondern von Wladimir Iljitsch Lenin. Aber Wolodja Böhmer ist auf dem Weg dahin.
|