Mit der opulenten Landesausstellung „König
Lustik!? Jérôme Bonaparte und der Modellstaat Königreich
Westphalen“ (bis 29. Juni 2008) der Museumslandschaft Hessen
Kassel widmet sich erstmals eine Ausstellung umfassend der Geschichte
dieses reformorientierten Staates und seiner Herrscherfigur. 600
Exponate auf rund 2.200 qm Ausstellungsfläche zeigen die Voraussetzungen
für das Königreich ebenso wie den napoleonischen Kunstraub,
Jérômes Hofhaltung, seine Beziehung zu Katharina von
Württemberg, die Reformen und den Niedergang des Königreiches.
Als Modellstaat sollte das Königreich Westphalen ein Vorbild
für die übrigen deutschen Länder sein. Deshalb erhielt
es die erste Verfassung und das erste Parlament auf deutschem Boden.
Sitz dieses Gremiums war das Museum Fridericianum. Jérôme
importierte aus Paris den Empire-Stil und gab so dem jungen Staat
ein neues Erscheinungsbild. Kassel verdankte diesen Anstrengungen
einen enormen kulturellen Aufschwung. Andererseits haftet Jérôme
bis heute der auf Prunk und ausschweifenden Festen gründende
Spottname „König Lustik“ an.
Zentraler Bestandteil der Ausstellung ist die Rekonstruktion der
kurfürstlichen Gemäldegalerie mit zahlreichen, in Zeiten
der napoleonischen Herrschaft verloren gegangenen Spitzenwerken
von Künstlern wie Rembrandt und Rubens. Einige von ihnen kehren
erstmals temporär nach Kassel zurück. Zu einem einzigartigen
kulturellen Ereignis wird die Ausstellung durch bedeutende Leihgaben
aus internationalen Museen und Privatsammlungen .
www.koeniglustik. de
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Napoleon wusste, was sich gehört,
vor allem war ihm klar, dass seine Macht an wichtigen Leuten hing.
So beschenkte er all seine Vasallen mit Gütern und Titeln. Unwichtig
dabei war, dass er es anderen wegnahm. Aber was zählte das schon,
wenn man fast ganz Europa besetzt hatte und seine Geschicke auf völlig
neue Säulen stellen konnte. Und Napoleon ordnete die „Alte
Welt“ fast einem Gott gleich in neue Strukturen. Basierend auf
dem „Code Civil“, erwachsen aus der französischen
Revolution und zusammengefasst von den bedeutenden Köpfen seiner
Zeit.
Am 18. August 1807 schenkte er seinem Bruder Jérôme per
Dekret ein ganzes Königreich - das Königreich Westphalen.
Dieses Königreich, als Musterstaat angedacht, war auf der Basis
vieler vernichteter Fürstentümer in der Mitte des niedergegangenen
Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation künstlich zusammengefügt.
Gewerbefreiheit, Religionsfreiheit, Abschaffung der Zünfte und
der Leibeigenschaft, Gewaltenteilung, Wahlrecht für alle Männer
waren
nur einige neue Gesetzlichkeiten, die vorerst bei einigen Menschen
Hoffnung keimen ließ. Und Napoleon ..., er ist sich sicher,
dass ihn alle Deutschen mit offenen Armen empfangen. So schrieb er
1807 seinem Bruder: „Diese Art zu regieren bietet gegen Preußen
einen besseren Schutz als die Elbe, als Festungen oder als die Protektion
durch Frankreich. Welches Volk wollte zum Willkürregiment Preußens
zurückkehren, wenn es die Vorzüge einer weisen und liberalen
Staatsführung genießt“?
Doch dies beweist, dass er nicht mehr in der Lage war, die wahre Situation
einzuschätzen, die da selbst zu neuer Unterdrückung, Willkür
und Repressalien führte. Hö- ren wir in Schlossers Weltgeschichte
von 1880 hinein: „Das Königreich Westfalen enthielt bis
zum Jahre 1810, wo auch noch der Rest von Hannover mit ihm vereinigt
wurde, zwei Millionen Einwohner. Diese wurden durch die französische
Herrschaft endlich von den Übeln der Feudalität, der Bürokratie
und der Hierarchie befreit; sie waren aber zu sehr an Beamtenwillkür
und an die Abhängigkeit von gewissen Familien gewöhnt, um
sich des Fortschritts zum Besseren erfreuen zu können, zumal
da mit diesem Fortschritte noch längere Zeit hindurch vielfache
Leiden verbunden waren. Außer den vielen Franzosen, welche als
Beamte im Königreich Westfalen versorgt wurden, musste dieses
auch noch ein halb aus Franzosen bestehendes Heer von 25.000 Mann
besolden und bekleiden. Von den Domänen behielt Napoleon die
Hälfte für sich, um mit denselben die neuen Großen
seines Reiches auszustatten. In Folge davon gingen jährlich dritthalb
Millionen Franken außer Landes. Der im Lande erwachende deutsche
Geist machte die Franzosen gleich anfangs besorgt und trieb sie zu
spionieren und verfolgen, wodurch dann dieser Geist nur
neue Nahrung erhielt. Sie suchten ihn durch Polizeimaßregeln
und militärische Gewalt zu unterdrücken.
Zum Beherrscher des neuen Königreichs hatte Napoleon seinen jüngeren
Bruder Hieronymus ernannt, welcher noch vor seinem Regierungsantritte
mit einer Enkelin des beraubten Herzogs von Braunschweig, Katharina
von Württemberg, vermählt wurde. Dieser damals erst 23 Jahre
alte König war ausschweifend, vergnügungssüchtig, verschwenderisch
und kindisch; aber er besaß doch dabei Großmut, Gerechtigkeitssinn
und Milde, bemühte sich ernstlich, das Regieren zu erlernen,
suchte alles, was öffentlich Anstoß gab zu vermeiden und
gestattete keiner seiner vielen Mätressen Einfluss auf die Regierung.
Selbst seine guten Eigenschaften konnten indess seinem Lande nicht
nützlich werden, weil er das Interesse seiner Untertanen der
Rücksicht auf die Zwecke Napoleons und auf den Vorteil Frankreichs
nachsetzen musste.“ |
Das Königreich Westfalen 1810 ©
Mahr, Kassel
Das Kasseler Schloss Wilhelmshöhe um
1800
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