Nun kehren wir nach Anhalt-Dessau zurück. Der
Letztgenannte war hier der Alte Dessauer, Fürst
Leopold (1676 - 1747). Leopolds erstegeborener Sohn Wilhelm Gustav
(1699 - 1737), der durch seine heimliche Ehe mit einer Bauerntochter
Johanne Sophie Herre in Probleme kam, wurde damit aber Ahnherr der
Grafen von Anhalt. Denn erst im Nachhinein anerkannte das anhaltische
Haus und auch der preußische König Friedrich der Große
diese Ehe und erhob seine Familie in den Adelsstand. Selbst preußischer
Offizier und Kommandeur eines Regiments nahm er beispielsweise am
Krieg gegen die Türken 1719 und gegen Frankreich 1735 teil.
Als er bereits vor seinem Vater Leopold im Jahre 1737 an den Pocken
verstarb, überging man seine Kinder in der Thronfolge (der
morganatischen Ehe wegen) und der Zweitgeborene Leopolds wurde nach
dem Tod des Alten Dessauers Nachfolger im Hause Anhalt-Dessau.
Leopold Maximilian (1700 - 1751) wurde, wie auch seine Brüder
Moritz (1712 - 1760) und Dietrich (1702 - 1769), innerhalb der Schlesischen
Kriege von Friedrich dem Großen zum preußischen Generalfeldmarschall
befördert. Und eines ist sicher, der preußische König
hätte im Siebenjährigen Krieg und auch in den zwei Schlesischen
Kriegen zuvor wohl ohne die fürstlichen Häuser Anhalts
einige Probleme mehr gehabt, Preußen überhaupt zu erhalten.
Anhaltische Grenadiere und Offiziere kämpften fast an allen
entscheidenden Schlachten dieser Kriege mit, so das berühmte
Regiment No. 3, welches nur in der Schlacht bei Dresden 1760 seine
Tressen verlor, um sie schon einen Monat später in der Schlacht
bei Liegnitz durch große Tapferkeit, aber auch erhebliche
Verluste zurückzuerhalten. Fürst Leopold II. Maximilian
war von 1747 bis zu seinem Tode 1751 Chef dieses Regiments wie sein
Vater zuvor. Kurz vor seinem Tod beauftragt er den berühmten
Architekten Knobelsdorff mit dem Neubau des Dessauer Schlosses.
Sein gerade elfjähriger Sohn wird nun unter Vormundschaft seines
Onkels Dietrich als Leopold III. Friedrich Franz (1740 - 1817) nächster
Fürst von Anhalt-Dessau. Schon 1752 zum neuen Chef des Regiments
Anhalt bestellt, tritt er bereits 1757 aus den Reihen der preußischen
Armee wieder aus. Die gewaltige Schlacht von Kolin am 18. Juni 1757
hatte bei ihm tiefe Spuren hinterlassen, als er seinen Onkel Moritz
dahin begleitet hatte. Diesem wurde von Friedrich dem Großen
die Schuld an der katastrophalen Niederlage gegeben. Obwohl Moritz
es war, der sich dem Befehl Friedrichs widersetzte, welcher erst
zu einer ausweglosen Situation führte. Friedrich aber wollte
einen schnellen und finalen Sieg, ritt erbost mit gezücktem
Degen auf Moritz zu und rief: Bei allen Teufeln, Prinz Moritz,
mache Er Front, wenn ich es befehle! Moritz wurde erst in
der folgenden Schlacht bei Leuthen (05.12.1757) rehabilitiert und
im Felde zum Generalfeldmarschall ernannt.
Friedrich Franz hingegen wollte nun vom Militär nichts mehr
wissen. 1758 für volljährig erklärt, nahm er sich
seines Landes Anhalt-Dessau an und wird nun zu einem der wichtigsten
Begründer des Wohlstandes des Landes. Er machte Dessau-Anhalt
schließlich zu einem der modernsten Kleinstaaten der damaligen
Zeit. Durch sein Interesse an Landwirtschaft und Gartenbau begründete
er das Dessau-Wörlitzer Gartenreich, welches als erste Parkanlage
in Europa außerhalb Englands gilt. Aber auch in den Bereichen
Bildung, Wissenschaft und Gesundheit bewirkte er bahnbrechende Neugestaltungen.
In seiner Regierungszeit fiel der dritte Teil von Anhalt-Zerbst
1793 an Anhalt-Dessau. Friedrich Franz trat 1809 dem französischen
Rheinbund bei und wurde so zum Herzog. Er starb 1817 an den Folgen
eines Reitunfalls. Sein einziger Sohn Friedrich (1769 - 1814) war
bereits verstorben, so sein Enkel Leopold IV. Friedrich (1795 -
1871) nun Herzog von Anhalt-Dessau wurde. 1848 gab es in den Landesteilen
Anhalts erhebliche Unruhen. Auch Leopold IV. sah sich unter dem
Druck gezwungen, am 29. Oktober 1848 eine demokratisch-monarchische
Verfassung zu verabschieden. Nach kurzer Tätigkeit wurden
die Landtage aber wieder aufgelöst. Eine eingesetzte Kommission
legte nun dem Senior des Hauses Anhalt im April 1852 eine landstän-dische
Verfassung für ganz Anhalt vor, wogegen vor allem die
Ritterschaft aus Bernburg und Köthen Protest erhob. Dennoch
fiel Anhalt-Köthen nach langem Hin und Her am 22. Mai 1853
an Anhalt-Dessau. Am 1. Oktober 1859 wurde daraufhin in Dessau und
Bernburg eine für das gesamte Land Anhalt geltende Landschaftsordnung
verabschiedet.
Und als dann der letzte Herzog von Anhalt-Bernburg Alexander Carl
(1805 - 1863), der sich seiner verstärkenden psychischen Krankheit
seit 1855 auf Schloss Hoym befand, nach kinderloser Ehe verstarb,
war der Weg frei für ein einiges Land Anhalt. Am 28. November
1863 tagte der erste Landtag für das vereinigte Herzogtum Anhalt.
Freude kam aber nicht unbedingt auf, eher eine zunehmende Unruhe
zwischen den Ständen, der Regierung und dem Herzog.
Axel Kühling
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