Wir schreiben das Jahr 1870. Bismarck,
dieser große, geniale Politiker,
von dem wir in unserer Juli-Ausgabe
berichteten, hatte die Franzosen
mit diplomatischen Mitteln herausgefordert.
Frankreich erklärte
Preußen am 19. Juli 1870 den Krieg.
Bismarck wollte die deutsche Einheit
unter preußischem Banner - und ein
Krieg, auch das war ihm völlig klar,
würde eine Nation im gewissen
Maße zusammenschweißen. Das
hatten die Befreiungskriege gegen
Napoleon Bonaparte bewiesen.
Gewaltige Schlachten mussten nun
gefochten werden, tausende brave
Untertanen beider Seiten deshalb
ihr Leben lassen. Blutige Flecken
tauchten auf der Kriegskarte auf,
Namen von französischen Orten,
die wohl von all jenen betroffenen
Müttern verflucht worden waren:
Gravelotte, Mars-la-Tour, Beaumont
und Sedan. Besonders die Schlacht um Sedan, einem kleinen französischen
Städtchen in den Ardennen,
wurde zur entscheidenden Auseinandersetzung.
Und wie in jeder
Schlacht wird ein Sieg nur dort erfochten,
wo ein Feldherr die Fehler
gegnerischer Heerführer für sich auszunutzen
weiß und selbst die kleineren
Fehler macht.
Marschall Mac-Mahon war von
Châlons mit 120.000 Mann abmarschiert.
Er wollte seine Armee bei
Sedan sammeln und unterschätzte
dabei Stärke sowie Geschwindigkeit
der deutschen Verbände. Denn
der Chef des preußischen Generalstabs
von Moltke hatte bereits
200.000 Mann nach Sedan beordert.
Als bayrische Truppen in den
Vorort Bazailles eindrangen, schlug
diesen ein heftiger Widerstand entgegen.
Es entstand ein Gemetzel,
welches als Blutbad von Bazailles
in die Geschichte einging. Auch die
sächsischen Truppen unter Kronprinz
Albert von Sachsen und die
preußischen Truppen unter Kronprinz
Friedrich Wilhelm von Preußen
mussten in den Vororten gewaltige
Verluste hinnehmen. Nun versäumte
die französische Führung, durch
Umgruppierung eine Einschließung
zu verhindern. Das nutzte Moltke
aus. Er schloss den Kessel, in dem
sich unter den 100.000 Mann auch
Kaiser Napoleon III. befand.
Am Abend des 1. September 1870
wehte über der Festung Sedan die
weiße Fahne. Die Verluste auf beiden
Seiten waren immens, knapp 9.000 deutsche und an die 17.000
französische Soldaten waren tot,
schwer verwundet oder vermisst. Am
2. September folgte die Kapitulation.
Nach dem Sieg über Frankreich
1871 und der Einsetzung eines Deutschen
Kaisers machten sich viele
Politiker daran, einen Gedenktag für
die vielen Opfer und den Sieg über
Frankreich einzusetzen. Der deutsche
Kaiser aber wies den Wunsch
ab, den Sedantag als Nationalfeiertag
gesetzlich zu fixieren. Dennoch
wurde er bis 1918 in fast allen
deutschen Landen als Art Nationalfeiertag
begangen. Aufmärsche,
Einweihungen von Straßen, Plätzen
oder Denkmälern, Schulfeiern und
Festveranstaltungen natürlich mit einem
dreifach Hoch auf den Kaiser
und dem Lied „Heil dir im Siegerkranz“
waren am 2. September sehr
verbreitet.
Mit der Niederlage im 1. Weltkrieg
und dem Ende des Kaiserreiches verschwand
der Gedenktag allmählich.
Den ersten offiziellen Nationalfeiertag
gab es mit Unterzeichnung
der Weimarer Verfassung am 11.
August 1919 durch Friedrich Ebert
als Geburtsstunde der Demokratie.
Die Nationalsozialisten machten
den 1. Mai als Tag der Arbeit zum
Nationalfeiertag. Von 1954 bis
1990 galt der 17. Juni in Erinnerung
an die Aufstände am 17. Juni 1953
in der DDR als deutscher Feiertag,
während die DDR den 7. Oktober
zur Feier ihrer Gründung 1949 bis
1989 mit Veranstaltungen wie Paraden
zum Feiertag erhob. Mit der
Wende sollte der Tag des Mauerfalls
(9. November 1989) ehrenhaft
begangen werden. Da aber dieser
Tag von schlimmen Ereignissen in
der deutschen Geschichte bereits überschattet wurde, entschied sich
der Bundestag für den 3. Oktober.
Für diesen Tag hatte die Volkskammer
1990 den Beitritt der DDR zur
Bundesrepublik Deutschland erklärt.
Axel Kühling
Politisch gedemütigt erklärte der französische Kaiser Preußen den
Krieg und nahm dabei hunderttausende Opfer in Kauf. |
Fotos: wikipedia/Deutsches Historisches Museum Berlin
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