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Wieviel Mut und Kraft es bedarf, in heutiger Zeit mit einer
einzigartigen Aktion an die schwärzeste Zeit Deutschlands
zu erinnern, beweist die Initiative „Zug der Erinnerung“.
In den Jahren 1940 bis 1944 wurden europaweit
aus Gemeinden und Städten innerhalb eines Unternehmens
mit dem Decknamen „DA“ (David) nach Schätzun gen 1,5 Millionen jüdische und andere Kinder deportiert.
Auf zentralen Bahnhöfen erfasst, mussten diese Kinder in
Zügen die Reise in Konzentrationslager antreten. Von ihren
Eltern getrennt, erlitten sie unendliches Leid und starben
am Ende meist an Unterernährung, Krankheit oder
durch Mord. Eine Ausstellung in den Waggons des „Zuges
der Erinnerung“ möchte auf das Schicksal von 12.000
Kindern aufmerksam machen, deren Biografien bekannt
sind. |
Diese Wanderausstellung wird reinweg von Bürgerinitiativen
getragen und bedarf gewaltiger finanzieller Anstrengungen.
So hat sich die Deutsche Bahn trotz immenser
Bemühungen nicht bereit erklärt, diese Aktion zu unterstützen.
Strecken- und Bahnhofsnutzung muss von den
Organisatoren bezahlt werden.
Eine Initiativgruppe in Halle, die nur aus wenigen engagierten
Bürgern besteht, arbeitet bereits seit zwei Jahren
an der Umsetzung eines dreitägigen Aufenthaltes (vom
16. - 19. Januar) des „Zuges der Erinnerung“ in Halle.
Mit großen Problemen konnten aus Fonds der Europäischen
Union, durch eine Zuwendung der Landeszentrale
für politische Bildung Sachsen-Anhalt und kleineren Spenden,
so durch den DGB die gewaltige Summe von
16.000,- Euro aufgebracht werden, die für Anfahrt und
Aufenthalt erbracht werden müssen.
Hervorzuheben ist die Landeszentrale für poltische Bildung,
die dem Antrag der Initiativgruppe zum Großteil entsprach. Bernd Lüdkemeier, Direktor der Landeszentrale,
unterstreicht: „Wir unterstützen hier gern. Zudem die
Landeszentrale vielfältiges Material dazu beispielsweise
auf der Homepage zur Verfügung stellen kann. Schulklassen,
die sich entschließen, den ,Zug der Erinnerung’ als
Teil des Unterrichts zu besuchen, können auch einen Antrag
auf Übernahme der Kosten durch uns stellen.“ (http:/
/www.sachsen-anhalt.de/LPSA/index.php?id=5752)
Derartiges Engagement zur Unterstützung blieb aber selten.
Die Stadt Halle ist bisher nicht mit
im Boot. Auch andere Institutionen, Ämter und Vereine blieben sehr zurückhaltend.
Bleibt die Frage, wieso eine
Initiative „Hingucken“ in Sachsen-Anhalt
mit viel Aufwand auf der einen Seite
ins Leben gerufen und auf der anderen
Seite eine solche Chance auf Bildung
und „Hingucken“ fast vertan wird. „Hingucken“ heißt jene Initiative vom
Land, die für Toleranz und gegen Extremismus
gestartet wurde. Ulrike Pilz
vom Verein Kellnerstraße e.V. in Halle
und Mitglied der Initiativgruppe ist enttäuscht
und zuversichtlich zugleich: „Auch wenn nur
wenige entscheidende Stellen dabei sind, wir
die angemieteten Räume für die Veranstaltungen
bezahlen müssen, wichtig ist, dass der Zug fährt und nach Halle kommt.“ Zeitzeugen sollen in
Foren befragt werden, Schüler aller Schulen sind eingeladen.
Dr. Ute Hoffmann, Leiterin der Gedenkstätte in
Bernburg, hat sich dafür eingesetzt, dass der Zug am 17.
Januar von 10 bis 17 Uhr in Bernburg hält. „Wir rechnen
mit dem Besuch von 15 Schulklassen aus Calbe,
Schönbeck und Bernburg. Staatssekretär Rüdiger Erben
wird den Zug in Bernburg begrüßen. Einige Veranstaltungen
wird es auch im Vorfeld schon dazu geben.“
Axel Kühling |