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Der erste Aufstand gegen Napoleon – Katte's Marsch auf Magdeburg

von Peter Baumann - vor 200 Jahren 02.04.1909

Vor 200 Jahren begann in Sachsen-Anhalt die erste Aktion zur Befreiung der preußischen Gebiete von der französichen Besatzung

Im April 2009 jährt sich zum 200. Mal der Streifzug des Friedrich Karl von Katte auf Magdeburg. Es war der erste Versuch eines Volksaufstands gegen die Besatzung des französichen Kaisers Napoleon Bonaparte und seines Bruders, des westfälischen Königs Jérôme, der im Volksmund „König Lustik“ genannt wurde. In abgestimmten Aktionen wollte Friedrich von Katte die Festung Magdeburg nehmen, während Wilhelm von Dörnberg den König von Westfalen stürzen und Ferdinand von Schill in Preußen den Aufruhr auslösen sollte.

Friedrich Karl von Katte wurde am 5. April 1770 im „Kattenwinkel“ (Gebiet östlich von Tangermünde zwischen Elbe, Havel und Stremme) geboren. Bereits vor seinem 14. Geburtstag trat er in den preußischen Militärdienst und kämpfte zwischen 1787 und 1795 in Holland, Schlesien, Flandern und am Rhein. 1803/04 stand er in Gardelegen, kämpfte 1806 bei Auerstedt und kam dann auf die Festung Spandau in Kriegsgefangenschaft. Von dort kehrte er 1807 in die Altmark zurück. Da das väterliche Gut bereits an den jüngeren Bruder übertragen war, ging er mit seiner inzwischen gegründeten Familie in die Garnison Stendal, wo er mit seinen auf ein Drittel gekürzten Bezügen mehr schlecht als recht lebte. Gesuche um Wiederaufnahme in die preußische Armee wurden abschlägig beschieden. Als preußischer Patriot suchte und fand er Kontakt zu Gleichgesinnten und fasste den Plan zur Befreiung seiner Heimat von der französischen Fremdherrschaft. Seine unmittelbaren Mitstreiter waren Eugen von Hirschfeld und von Tempsky (Pseudonym: von Thilow). Es wurde eine ansehnliche Zahl von Offizieren und Mannschaften, viele aus Jerichow, Havelberg, Stendal, Gardelegen, Sandau, Arneburg, Werben, Salzwedel und den umliegenden Dörfern geworben. Im Harz, in der Börde und in Magdeburg gab es Freunde. Auch zu Ferdinand von Schill in Berlin waren enge Fäden geknüpft.

Durch die Bindung starker französischer Kräfte in Spanien, Österreich und Tirol (Andreas Hofer) war die Magdeburger Festung nur schwach besetzt. Der Zeitpunkt war klug gewählt und sollte die Fackel des Aufstandes in Norddeutschland entzünden. Schills Regiment wäre nach Einnahme der Festung Magdeburg der problemlose Übergang über die Elbe möglich. Am Nachmittag des ersten Osterfeiertags, am 2. April 1809, sammelten sich um Friedrich Karl von Katte in Sandau etwa 50 Männer, die nach Einbruch der Dunkelheit über die Elbe setzten und ihren Marsch nach Magdeburg begannen. Der Zug verstärkte sich auf 4 Offiziere, 20 Reiter und 100 Mann zu Fuß. Gegen 3 Uhr wurde Stendal erreicht und der Torwächter zum Einlass der Truppe bewegt. Die in der Stadt stationierten Gendarmen werden überrumpelt und festgesetzt. Unter Androhung von Gewalt werden die westfälischen Kassen um 15 500 Taler erleichtert, nur die Kriegskontributionskasse wird nicht geplündert. Ihr Verwalter, Domherr von Bismarck, hatte versichert, dass es sich um private Gelder handele. Nachdem die patriotisch gesinnten Stendaler aufgefordert waren, sich dem Zug anzuschließen, wurde der Maire (Bürgermeister) mitsamt der anderen Stadtväter im Gasthaus „Schwarzer Adler“ festgesetzt und Friedrich von Katte setzte seinen auf 200 Mitstreiter angewachsenen Zug in Richtung Tangermünde in Bewegung. Seine Frau und seine Kinder verließen Stendal, um in Neuenklitsche beim Landrat Karl Wilhelm von Katte, seinem Onkel, Zuflucht zu finden.

Bei der Rast in Burgstall war der Zug auf 300 Mann angewachsen. Es wurden zwei Gendarmen festgesetzt, um zu verhindern, dass eine Nachricht den Ort verlässt. Gleichfalls fing die Schar zwei reitende Staffetten ab, welche die Nachricht über den Stendaler Überfall nach Magdeburg bringen sollten. Ein Trupp von 50 Mann marschierte nun auf Rogätz, um hier über die Elbe zu setzen und dort wartende Anhänger aufzunehmen. Ihr Ziel war die Übernahme der ostelbischen Turmschanze und der Magdeburger Zitadelle.

Die Hauptkräfte marschierten indes weiter auf Magdeburg zu und erreichten gegen 22 Uhr Wolmirstedt. Im Wirtshaus „Zur blauen Mütze“ warteten Magdeburger Führer, um die Truppe zum unverschlossenen Krökentor und zur nur mit 30 Voltigeurs (leichte Infanterie) besetzten Sternschanze zu bringen, die im Handstreich genommen werden sollte. Zu diesem Zeitpunkt erreichte ein Bote aus Berlin Friedrich Karl von Katte und überbrachte die Nachricht, dass der Plan den Franzosen bekanntgeworden sei. Nun wendete sich der gesamte Zug bei Rogätz über die Elbe, um im Preußischen Schutz zu suchen. Mit einigem Glück konnten sie dabei den Zusammenstoß mit einem französischen Streifkorps, das vom Magdeburger Gouverneur ausgesandt war, vermeiden.

Zwei Gendarmen aus Burgstall hatten indessen den Wolmirstedter Magistrat über die Vorkommnisse informiert, der daraufhin den Offizier von Wedell und 11 weitere Anhänger von Kattes, die sich noch in Wolmirstedt aufhielten, festnehmen ließ. Der Platzkommandant von Burg, Freiherr von Rosenthal, wollte auf königlichen Befehl die etwa noch 150 Mann gefangensetzen. Der Plan wurde von Katte durchschaut. Die Männer bedienten sich aus der Kriegskasse und traten die Flucht an. Er selbst setzte sich in nördliche Richtung ab. Die restliche Kriegskasse wird dem Platzkommandanten von Burg übergeben, während sich die führerlose Freischar am 4. April in alle Winde zerstreut. Schill folgte leider erst am 25. April 1809 mit seinem Husarenregiment aus Berlin. Die gemeinsame Chance war verpasst. Für die Teilnehmer an diesem ersten Versuch eines Freiheitskampfes in Deutschland folgt nun die französische Rache. Eine fieberhafte Suche nach den Teilnehmern begann, Amtshilfe wurde in Preußen und in Anhalt angefordert, Kriegsgerichte eingesetzt. Während die meisten Offiziere sich zum überwiegenden Teil Schill anschlossen, waren die einfachen Soldaten nicht zur erfolgreichen Flucht in der Lage. Für 10 linkselbisch festgenommene Teilnehmer ist deren Erschießung belegt, vier weitere sind mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls erschossen worden, während sich der Leinweber Heyden selbst umbrachte. Eine große Zahl weiterer Freiheitskämpfer wurde zu schweren Kerkerstrafen verurteilt und in Zuchthäuser eingeliefert.

Friedrich Karl von Katte selbst konnte sich retten und schloss sich dem Herzog von Braunschweig an, war in Aspern und Wagam dabei, stellte eine Verbindung zur englischen Flotte her und kämpfte auf österreichischer Seite in Böhmen. Als k.u.k. Rittmeister bewarb er sich wieder im preußischen Heer. Dort nahm er am Befreiungskrieg als Königsdragoner teil und wurde mit dem Eisernen Kreuz in beiden Klassen ausgezeichnet. Im Feldzug 1815 war er Major. Er hatte sich ein Gichtleiden zugezogen und nahm 1826 seinen Abschied. Als Oberstleutnant a. D. lebte er auf seinem Gut Neuenklitsche, bis er am 9. Januar 1836 verstarb. Kein Denkmal erinnert heute noch an diese tapferen Männer.

Bild - unten: Text der Erinnerungstafel von Neuenklitsche: „Am 8.1.1836 verstarb zu Neuenklitsche Freidrich Karl von Katte. Im April 1809 war er mit dem Versuch Magdeburg im Handstreich zu nehmen dem Kaiser Napoleon entgegengetreten. 9.1.1936 RvK“ Foto Gedenktafel Kirche Neuenklitsche: Katrin Hertwig
- oben: Friedrich Karl von Katte (Zeichnung nach dem Steckbrief von Rolf Kolodziej)

 

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