TEIL 4 - Jerichower Land voller Geschichte und Geschichten
Mangesldorf, Briest, Melkow, Sydow und Wust
Das Wetter zu unserem Ausflug ins
Jerichower Land, auf den ich schon recht
gespannt bin, ist nicht das Allerbeste, wieder
und wieder tropft es vom Himmel herab,
mal stärker, mal schwächer. Mit einer
kleinen Rast beim Hohenseedener Bauernmarkt
geht es nach Jerichow. Die wohl
jedem bekannte Stadt - schon allein durch
das Klosterensemble mit seinen bedeutenden
Gebäuden und vielen Veranstaltungen
- begrüßt uns mit einem Fest.
Die Gruft derer von Katte und der Sarg Hermann von Kattes (mit frdl. Genehmigung des Geschichtskreises Wulkow-Wust)
Wir nehmen
uns für den Nachmittag vor, das mittelalterliche
Klostergartenfest zu besuchen
und ich kann schon jetzt verraten, wir
wurden belohnt, mit einem sooo leckeren,
hausgebackenem Kuchen, dass ich gar
wagte, nach dem bestimmt über Generationen
weiter gegebem Rezept fragte.
Doch leider, leider verrieten es mir die
Frauen an der Kuchentheke in der Klausur
des Klosters nicht. So aß ich halt noch
eines und behalte den Geschmack noch
sehr lange in Erinnerung. Einzigartig.
Doch vorerst führt uns unsere Tour nach
Mangelsdorf, heute einem Ortsteil der
Stadt Jerichow, die schließlich einem ganzen
Landkreis ihren Namen gab, auch
wenn sie es nicht zur Kreisstadt schaffte.
Und die Verbindung zwischen Mangelsdorf und Jerichow ist deutlich sichtbar. Wie
eine kleine eintürmige Schwester der Klosterkirche
zeigt die Dorfkirche viele Ähnlichkeiten.
Und sie entstand auch zeitgleich
1135 mit der Klosterkirche. Der Landstrich
hier gehörte lange Zeit zum Erzbistum,
später zum Herzogtum Magdeburg, welches
an die Brandenburger fiel. Seit 1556
unter dem Klosteramt Jerichow, kam es
mit diesem 1860 an Preußen. An der Kirche
fanden wir eine Grabplatte aus dem
Jahre 1563.
Von hier führt unser Weg nach Briest. Und
nein, es ist nicht zu verwechseln mit dem
Briest bei Tangerhütte, dem Stammsitz der
Familie von Bismarck. Dieser kleine gepflegte
Ort zwischen Wust und
Großwulkow kann dennoch auf eine bedeutende
Geschichte zurück blicken. Immerhin
schon 946 auf einer Urkunde Ottos
des Großen erwähnt, strahlt eine kleine
Backsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert
in der Ortsmitte hervor. Klein und kompakt
wie für eine Modellbahnanlage aus
dem Baukasten gefertigt. Heute beheimatet
die kleine Kirche eine Marionettenbühne,
die zu Aufführungen einlädt.
Die Kirche in Melkow hingegen begrüßt
uns recht wehrhaft und mächtig wie der
Bergfried einer Burg. Ein weit sichtbares
Mal der Wendenmissionierung. Auch
Melkow wurde auf derselben Urkunde
946 erwähnt, die die Übergabe an das
Bistum Havelberg festschrieb. Auch die
Kirche von Melkow wurde in jenen Jahren
wie die des Klosters Jerichow und des
Ortes Mangelsdorf errichtet. Eine Ausstellung
soll sie heute beherbergen „Romanische
Backsteinkirchen im Elbe-Havel-Winkel“.
Wir kamen aber leider nicht in den
Genuss, weil zwar eine Rufnummer uns
ermöglichte, eine Kirchenführerin anzurufen,
diese war aber leider verhindert. Der
Kirchenfriedhof bietet durch viele alte erhaltene
Kreuze und Steine einen kleinen
Spaziergang durch vergangene Zeiten.
Zudem wir hier erstmals auf jenen Namen
treffen, der vor allem Anlass unseres Ausflugs
war, denn 1726 erhielt die einst recht
vermögende und in Preußen nahmhafte
Familie von Katte das Patronatsrecht.
Nun denn, auf nach Wust. Auch hier werden
wir von einer Veranstaltung überrascht,
die Sommerschule für Studenten
aus Großbritannien und den USA beginnt
und dazu wird ein Eröffnungsgottesdienst
stattfinden. Die Sommerschule bietet neben
Vorträgen, musikalischen Veranstaltungen
auch Theater für die breite Öffentlichkeit.
Anfang August wird in diesem Jahr
Der Altar in der Kirche von Wust
das Musical „West Side Story“ präsentiert.
Für uns nun die willkommene Möglichkeit
die Innenräume einer prächtigen romanischen
Kirche (1240 erbaut) mit einem barocken
Fachwerkturm zu bestaunen. Die
Deckenmalerei im flämischen Stil, der Altar,
die Orgel beeindrucken uns sehr. Es
ist ein besonderer Ort. Neben dem Altar
ein schlichtes Jugendbildnis von Hans Heinrich
von Katte, hochdekorierter Generalfeldmarschall
in preußischen Diensten. Er
kam 1705 als Generaladjudant in königliche
Dienste unter Friedrich I., diente als
General unter dem „Soldatenkönig“ und
war ab 1734 Gouverneur von Kolberg.
Sein Leben aber eher leidgeprüft. Bereits
1707 - 23 Jahre jung - verstirbt seine Frau
Dorothea Sophie Reichsgräfin von
Wartensleben. Er lässt dazu an der Kirche
Wust eine Familiengruft errichten.
1730 wird sein ältester Sohn Hans Hermann
mit dem Schwert in Küstrin hingerichtet.
Er war ein Freund des Kronprinzen
und späteren Königs Friedrichs des
Großen. Friedrich stachelte Hans Hermann
an, mit ihm nach Frankreich zu fliehen,
um dem Kadavergehorsam des Militärs
zu entgehen, da er doch so sehr den
schönen Künsten zugeneigt war. Durch
Verrat werden beide verhaftet, Hans Hermann
zu lebenslanger Festungshaft verurteilt.
Doch der „Soldatenkönig“ macht
mit einer kleinen Randglosse daraus ein
Todesurteil. Der 26-jährige Katte wird vor
den Augen Friedrichs hingerichtet, Friedrich
fällt in Ohnmacht. Für den Vater Hans
Heinrich als General eine Schmach, aber
auch ein fürchterlicher Schmerz. 1740
wird Hans Heinrich durch Friedrich den
Großen zum Generalfeldmarschall ernannt
und in den Grafenstand erhoben.
Wust ist unbedingt sehenswert. Das Herrenhaus
(1726/27) derer von Katte ist
erhalten geblieben, der Park lädt freundlichst
ein, neben der Kirche zwei Kriegerdenkmale,
im Park die Ruhestätte derer
von Pilgrim und der ehemalige Kornspeicher
bietet vielfache Sichten auf die Kuh -
im Muhhhseum.
Auch in der romanischen Backsteinkirche
(12. Jh.) von Sydow erleben wir eine Überraschung;
hier erhalten geblieben sind
einzigartige Wandmalerein. Vom alten
Herrenhaus und dem Park sind nur noch
Reste erhalten.
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