TEIL 2 - Die altmärkische Wische
Schönberg, Neukirchen, Wendemark, Lichterfelde & Falkenberg
In jedem altmärkischen Ort trifft man auch heute noch auf den Uradel der Altmark. Und da Brandenburg-Preußen vor 1700 auch noch nicht so groß war, bestimmten auch viele dieser Geschlechter die Geschicke und vor allem die Geschichte Preußens in erheblichem Maße mit.
Unsere heutige Route führt uns wiederum in den hohen Norden Sachsen-Anhalts, es geht hinauf in die Altmärkische Wische zwischen Seehausen in der Altmark und Werben an der Elbe. Auch hier sind wir nur wenige Steinwürfe von der Elbe entfernt, als wir im einstigen Gutsort Schönberg eintreffen. Überall auf dem Weg trifft man auch zwischen den Dörfern auf einzelne Höfe, wohl und geplant angelegt, um einerseits das Land nach und nach landwirtschaftlich zu erschließen und natürlich entlang des Elbdeiches alle Kilometer einen Deichbeauftragten zu haben. Und um Nachfragen gleich zu beantworten, ja, Schönberg ist schön und all die heute vorgestellten Orte auch. Vor allem treffen wir hier auf recht große Häuser, eines davon könnte sogar einst ein Ausspann gewesen sein. Wir begegnen gleich zwei bedeutende Adelsgeschlechtern. Einmal ist es Raban von Canstein, der eigentvon Axel Kühling Teil 2 lich aus dem Westfälischen kam, dann als Hofmarschall in Braunschweig diente, bis ihn der Große Kurfürst von Brandenburg als Hofkammerpräsident in seine Dienste nahm. Canstein erhielt alsbald die Güter von Schönberg und Neukirchen. Verheiratet war Raban mit Hedwig von Kracht aus dem Magdeburgischen. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor. Philipp Ludwig von Canstein fiel 1708 in einer Schlacht als Offizier des preußischen Regiments Gens d'armes kinderlos. Auch Carl Hildebrand von Canstein wurde Offizier und schwor bei einer schweren Erkrankung, wenn er mit dem Leben davon käme, sich in den Dienst Gottes zu stellen. Er kam wieder auf die Beine und verwendete nun sein Vermögen für den Aufbau der Cansteinschen Bibelanstalt in Halle, der ältesten Bibelgesellschaft der Welt. Da er auch kinderlos blieb, wurden die Güter Schönberg und Neukirchen veräußert. Und zwar an die Familie von Grävenitz, die schon das Erbgut Losenrade (heute auch ein Ortsteil von Seehausen) besaßen. Auch hier treffen wir wieder auf bedeutende Persönlichkeiten, so auf Christian Franz von Grävenitz, dem Landesdirektor der Altmark oder auf David Jürgen von Grävenitz (1680 - 1757), der es immerhin zum Kommandeur der Festung Magdeburg und zum Gouverneur von Küstrin brachte. Beide wurden auf Gut Schönberg geboren.
Der Turm der Schönberger Kirche wurde 1813 auf Befehl napoleonischer Generäle zum Befehlsstand ausgebaut. Die Sicht über weite Teile der Elbe war von hier aus perfekt. Zudem die Elbe und ihre geringen Möglichkeiten zum Übersetzen in den Befreiungskriegen 1813-15 stets eine große Rolle spielten.
Von hier aus begeben wir uns nach Neukirchen. Gleich am Ortseingang treffen wir auf das große verlassene Rittergut. Der Mann mit dem Kirchenschlüssel verrät uns, dass es einst die Ortsmitte war. 1890 durch Fritz Hoesch erworben, hatte dieser hier ein Mustergut vor allem für Schweinezucht errichtet. Fritz Hoesch entstammte eigentlich einer Industriellenfamilie aus dem Rheinland. Nun in der Altmark wurde er als Züchter berühmt und erhielt immerhin 127 Preise der DLG für seine Zuchterfolge. 1933 verstarb er, das Gut wurde 1945 enteignet und Sitz einer LPG, einer Gaststätte und des Bürgermeisters. Nach der Wende fand sich leider kein Investor, der die Gebäude übernahm. Der Niedergang des herrschaftlichen Gebäudes ist für den Ort eine Katastrophe. Die Kirche aber entschädigt mit einem Taufengel und einem wunderschönen Barockaltar. Zwei Schwalben nutzen jenen kleinen Moment des Öffnens der Pforte, um in die Kirche zu fliegen. Doch am Ende unseres Gespräches finden sie von ganz allein wieder hinaus. Unser Kirchenführer, aber auch wir sind sehr erleichtert, dass die Vögel wieder ihre Freiheit haben.
In Wendemark gelingt es uns leider nicht, die Kirche zu betreten. Auch ist von jenem Seehof nichts mehr geblieben, auf dem der Werbener Bürger Lorenz Gleim wirkte. Der Dichter Wilhelm Ludwig Gleim Graf Bülow von Dennewitz wurde auf dem Gut Falkenberg geboren. (1719-1803) war sein Nachfahre. Zudem hier 1718 auch der Musikwissenschaftler Friedrich Wilhelm Marpurg geboren wurde. Aber nichts erinnert an die beiden.
Auf dem Weg zur Kirche in Lichterfelde begegnen uns viele verlassene Schulgebäude, so die einer Betriebsberufsschule (Fachgymnasium) und einer Oberschule. Nur die Kindertagesstätte strahlt bunt hervor. Die Kirche in Lichterfelde wurde um 1250 erbaut. Und da Ferchlipp nun zu Lichterfelde gehört, besuchen wir auch hier die Kirche, die etwa 100 Jahre füher und im unteren Teil aus Feldsteinen erbaut wurde. Auch diese Kirchen k&oum ;nnen wir uns leider nicht von innen anschauen.
Aber dafür wartet in Falkenberg eine große Überraschung auf uns. Hier treffen wir nicht nur an einem wunderschön erhaltenen und ausgebauten Hof (Dorfstraße 72) ein Schild in Erinnerung an den Grafen Friedrich Bülow von Dennewitz, der hier einst auf dem Gut Bülow geboren wurde, sondern wir treffen viele Menschen der hiesigen Gemeinde an der Kirche, die beim Arbeitseinsatz auf dem Friedhof tätig sind. Familie Danks begleitet uns in die Kirche und präsentiert uns einen malerischen Altar. Leider harren der Altaraufsatz und die Flügel noch auf Spenden, um sie in den gleichen wunderschönen Zustand zu versetzen. Die Kirche mit dem umliegend Friedhof ist wie die Gedenktafel an Bülow von Dennewitz eingetragenes Denkmal. Schade ist nur, dass es kein kleines Denkmal für jenen Friedrich oder eine Erinnerung an die Bülows gibt. Das Gutshaus selbst konnten wir auch nur noch als Ruine betrachten.
Mit Schönberg, Neukirchen und Falkenberg ist es eine richtig interessante Tour.
|