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Ein verwunschener Winkel im Klosterpark Althaldensleben

von Ulrich Hauer

Wenn bald im zeitigen Frühjahr die Winterlinge ihre leuchtendgelbe Blütenpracht entfalten, wird die alte Burgstätte im Klosterpark Althaldensleben zum Besuchermagnet. In der übrigen Zeit des Jahres verirrt sich nur selten ein Ausflügler in diesen verwunschenen Winkel. Dies zu Unrecht, denn hierbei handelt es sich nicht nur um die Keimzelle des Parks, sondern auch um die Keimzelle der Kreisstadt Haldensleben.
Nach dem auf der Hochfläche bereits die Germanen ihre Toten bestattet hatten, erhob sich hier im 10. Jahrhundert eine wehrhafte Burg als Zentrum eines Burgwartbezirkes und Sitz eines bedeutenden Grafengeschlechts. Im 12. Jahrhundert nochmals überformt und endgültig zerstört, diente die alte Burgstätte dem 1228 in Althaldensleben gegründeten Zisterzienser- Nonnenkloster als Weinberg. Das Kloster blieb über die Reformationszeit hinweg katholisch. Als es im 18. Jahrhundert eine letzte Blütezeit erlebte, wurden sämtliche Klostergebäude modernisiert oder ganz neu errichtet. Unerwartet führten politische Veränderungen in Europa 1810 zum Ende des Klosteridylls.

Mit dem neuen Besitzer, dem Magdeburger Kaufmann Johann Gottlob Nathusius, zog das Industriezeitalter in die altehrwürdigen Gemäuer ein. Klosterküche und Refektorium wurden zur Zuckerfabrik – andere industrielle Unternehmungen folgten. Da Nathusius aber auch schöne Gärten und Pflanzen liebte, begann er sofort mit der Anlage eines Lustgartens auf dem Klosterweinberg. Aus großen Findlingen ließ er romantische Ruinen auftürmen, die bis heute die alte Burgstätte zieren. Längst verschwunden ist dagegen ein die Anhöhe krönender Aussichtspavillon in Form eines antiken Rundtempels. Von dort aus konnte man bis zum Hundisburger Schloss blikken, dessen Besitzer Nathusius inzwischen auch geworden war.

Unterhalb im Tal erhielt der Teich der Ölmühle eine Rousseauinsel, deren Säulenpappeln erst vor kurzem neu gepflanzt wurden. Nathusius ließ ab 1820 das bis dahin kahle Bebertal zwischen seinen beiden Herrensitzen durch Baumbepflanzungen verschönern, womit er den Grundstock des heutigen Landschaftsparks Althaldensleben-Hundisburg legte. Nach seinem Tod 1835 teilten die Söhne das Erbe unter sich auf. Neuer Besitzer des Klostergutes Althaldensleben wurde Philipp Nathusius. Der liebte, wie seine Frau Marie, den Harz und ließ einen hölzernen Aussichtsturm auf der Burgstätte errichten, von wo aus man über die Baumkronen hinweg den Brocken sehen konnte. Auch das „Kastell“, wie der hohe Turm genannt wurde, steht schon lange nicht mehr. Unweit des Standortes ließ Heinrich von Nathusius, der 1849 das Klostergut übernommen hatte und wie sein Bruder Philipp 1861 in den Adelsstand erhoben worden war, ein neues Palmenhaus erbauen. Heinrich verlagerte den Schwerpunkt der Gartengestaltung von der Burgstätte in die Niederung und konzipierte den heute wieder rekonstruierten Bleichhofgarten vor der Westfront des Herrenhauses. Wie sein anderer Bruder Hermann von Nathusius in Hundisburg, brachte er in Althaldensleben den Landschaftspark im Sinne der Grundidee des Vaters zur Vollendung.

Nach seinem Tod 1890 verkauften die Erben das Klostergut samt Park an den Quedlinburger Pflanzenzüchter Carl Dippe. Lediglich der durch eine hohe Mauer auf dem alten Ringwall der Burgstätte vom ursprünglichen Lustgarten abgetrennte Begräbnisplatz blieb im Besitz der Familie Nathusius.

Mehrfacher Besitzerwechsel, Wirtschaftskrisen und Weltkriege bedeuteten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Stagnation für den Klosterpark, bis auf den Umbruch 1945 Verfall und Zerstörung folgte. So brannte das große Palmenhaus auf der Burgstätte nieder. Aus der hier nun eingerichteten Hühnerfarm erwuchs in der Folgezeit eine kleine Eigenheimsiedlung, die den wichtigsten Teil des ursprünglichen Lustgartens bis heute vom übrigen Park abschirmt.

Als 1966 an die erste urkundliche Erwähnung Haldenslebens vor 1000 Jahren erinnert werden sollte, platzierte man einen entsprechenden Gedenkstein nicht auf dem geschichtsträchtigen Ort auf der Höhe, sondern im Tal in der Nähe des Mühlenteiches.

Ende der 1970er Jahre entstand in Althaldensleben eine Bürgerinitiative zum Erhalt des Klosterparks, auf deren Drängen die Stadt Haldensleben als Grundstückseigentümer nach der politischen Wende 1989 ihre Verantwortung für das wertvolle Kulturdenkmal wahrnahm und 1994 den Verein KULTUR-Landschaft Haldensleben-Hundisburg e.V. mit der Wiederherstellung und Pflege beauftragte. Wiederhergestellt sind inzwischen auch die historischen Klostergebäude, die, ergänzt durch angepasste Neubauten, heute eines der beiden Berufsschulzentren des Landkreises Börde beherbergen.

Wenn die Winterlinge auf der alten Burgstätte verblüht sind, folgen die Schneeglöckchen und der Bärlauch in der Niederung. Aber auch ohne besonderen Blütenschmuck lohnt sich ein Besuch des Klosterparks Althaldensleben. Zu empfehlen ist eine Wanderung vom Schloss Hundisburg aus. Hier gibt es eine zeitgem ä ß e touristische Infrastruktur und im Schlossladen kann man das Buch „Von Kunstgärtnern und Gartenkunst“ mit näheren Informationen zur Geschichte der historischen Gärten erwerben.

 

Johann Gottlob Nathusius (1760-1835)

 

Das ehemalige Gewächshaus im Park

 

Das umgebaute Klostergebäude um 1870

 

Das restaurierte Klostergebäude als Berufsschulzentrum heute und der Gedenkstein, der an die 1000-Jahrfeier 1966 erinnert

Weitere Ausflugsziele in der Stadt Haldensleben

Erste Erwähnungen vom Roland- Standbild in Haldensleben gibt es aus dem 15. Jh. Es ist der einzige erhaltene Roland zu Pferd. Der Bülstringer Torturm (1260) ist das zweitälteste Gebäude der Stadt und ist Teil der nahezu unverändert erhalten gebliebenen mittelalterlichen Wehranlagen. Das Templerhaus aus dem Jahre 1553 verweist auf den einstigen Stadthof der Tempelritter. Die Marienkirche unweit des Rathauses wurde im 13. Jh. erbaut. Ausflugsziele in der Umgebung sind das Schloss Hundisburg mit dem bis Althaldensleben führenden Park, die Ziegelei in Hundisburg, das größte Großsteingräberfeld Nordeuropas und der neue Sportboothafen. www.haldensleben.de

 

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